#4 Die APA – Türöffner zu erfolgreicher Automatisierung
Wenn es um gefragte Dienstleistungen rund um die Robotik am Fraunhofer IPA geht, dann ist die Automatisierungs-Potenzialanalyse, kurz APA, ganz vorne mit dabei. Seit vielen Jahren ebnet sie Unternehmen den systematischen Einstieg in die Montageautomatisierung. Jetzt kommen neue Anwendungen wie das Schweißen und die Intralogistik hinzu.
Mehr Automatisierung ist in aller Munde und das aus gutem Grund. Gesellschaftliche Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, der demografische Wandel, starker Wettbewerb durch die Globalisierung bei gleichzeitig unsicheren Lieferketten und der Bedarf, eine resilientere Produktion gegebenenfalls sogar wieder im Hochlohnland Deutschland zu etablieren (Stichwort Reshoring) sind nur einige Treiber für mehr Automatisierung.
Gleichzeitig ist Automatisierung alles andere als ein Selbstzweck. Vorrangig technische und wirtschaftliche Kriterien spielen hier eine entscheidende Rolle. Nicht alles, was technisch möglich ist, erfüllt auch die wirtschaftlichen Kriterien eines Unternehmens. Und nicht alles, was wirtschaftlich wünschenswert wäre, ist technisch sinnvoll umsetzbar. Hier zu einer belastbaren Entscheidung zu kommen, ist für Unternehmen nicht einfach, denn natürlich gilt es, Fehlplanungen zu vermeiden und Investitionen abzusichern. Hinzu kommt, dass verfügbare Standardlösungen mitunter nicht so einfach auf die unternehmensspezifische Situation übertragbar sind. Denn der oft zitierte Teufel steckt ja bekanntlich im Detail.
Und dennoch ist oft eine erfolgreiche Automatisierungsplanung und -umsetzung möglich. Hierbei genau die Bedarfe des Unternehmens zu erfüllen – das ist der Anspruch des Entwicklerteams der Automatisierungs-Potenzialanalyse (APA) am Fraunhofer IPA. Mehr als 500 umgesetzte Kundenprojekte weltweit zeigen, dass das Team damit auf dem richtigen Weg ist.
Analyse und Bewertung der Montageschritte
Bisher lag der Fokus auf der Montageautomatisierung. Bei einem solchen kompakten APA-Projekt gehen die Expertinnen und Experten des Fraunhofer IPA direkt in die Produktion vor Ort und schauen sich alle bisher manuell ausgeführten Montageschritte an. Diese untergliedern sie in die Teilschritte Vereinzeln, Handhaben, Positionieren und Fügen und vergeben hierfür Punkte: Je »automatisierungsfreundlicher« ein Schritt ist, umso mehr Punkte erhält er. Schüttgut, das sich schnell verhakt, erhält also wenig Punkte, Einführschrägen oder Endanschläge hingegen geben mehr Punkte, denn diese Vorrichtungen erleichtern das Positionieren der zu montierenden Teile. Weitere Kriterien bei der Analyse sind beispielsweise die Beschaffenheit des Materials (starr oder schlaff) oder die erforderlichen Fügebewegungen.
Drei Handlungsoptionen für eine Montageautomatisierung
Der Kunde erhält so eine Auswertung, wie einfach sich eine automatisierte Montage umsetzen lässt und das unter den genannten technischen und wirtschaftlichen Kriterien, die individuell gewichtet werden können. Diese Bewertungen werden in einer Matrix visualisiert und in drei Kategorien mit entsprechenden Handlungsoptionen klassifiziert.
1. Nutzung von Standardautomatisierung: Für Roboter einfach auszuführende Prozesse, wie z. B. »pick & place«, typischerweise in Kombination mit Mehrschichtbetrieb, lassen sich mit schnellem Return on Invest mittels Standardautomatisierung umsetzen.
2. Spezialautomatisierung: Bei Prozessen, die wirtschaftlich ebenfalls interessant aber zu speziell sind, kann mithilfe eines Systemintegrators umgesetzt werden, der eine individuell passende Automatisierungslösung entwickelt.
3. Design for Automation: Bei technisch bislang nicht automatisierbaren Produkten (z. B. biegeschlaffen oder transparenten Bauteilen) besteht, wenn der Endkunde eine Änderung der Bauteile erlaubt, die Möglichkeit, das Design automatisierungsgerecht zu verändern und damit den Prozess als Spezial- oder sogar Standardautomatisierung umsetzbar zu machen. Für dieses Design for Automation gibt es elf Gestaltungsregeln, anhand derer sich bestimmen lässt, wie automatisierungsfreundlich ein Produkt ist und was geändert werden müsste. Die Regeln beschäftigen sich beispielsweise mit der Modularität einer Produktstruktur, mit der Verwendung von standardisierten Komponenten oder der Anzahl der Bauteile. Ziel ist es, einen Prozess automatisierbar oder zumindest manuell leichter ausführbar zu machen.
APA für das Schweißen
Die APA spiegelt somit die Anforderungen der Produktion an die Robotersysteme wider im Vergleich zum Stand der Technik in Robotik und Automatisierung. Mit dieser Dienstleistung hat das Entwicklerteam einen Nerv bei den Unternehmen getroffen. Das belegen einerseits die vielen umgesetzten Projekte rund um die Montageautomatisierung. Das zeigen aber auch viele Nachfragen zur Automatisierbarkeit in anderen Produktionsschritten.
Deshalb wird die APA aktuell erweitert. Bereits fertig ist sie für das Schweißen. Denn dies ist eine Anwendung, in der der Fachkräftemangel besonders eklatant ist. Viele, insbesondere mittelständisch geprägte Unternehmen mit kleineren Losgrößen möchten deshalb mehr auf Automatisierung setzen. »Könnten wir dieses Bauteil auch mit einem Roboter schweißen?«, war deshalb eine Frage, die das Team sehr oft erreichte. Ähnlich zur Montage-APA haben sie deshalb einen Fragebogen entwickelt, mit dem Unternehmen genau diese Frage beantworten können. Dabei spielen beispielsweise Themen wie die zu verschweißenden Grundwerkstoffe, die Nahtvorbereitung oder das Entfernen von Schlacke eine Rolle.
Wie auch bei der Montage erhalten die Unternehmen eine Aussage über die »Fitness for Automation« eines Prozesses und können somit eine bestens abgesicherte Entscheidung für oder gegen den Robotereinsatz treffen. Denn natürlich kann auch eines der Ergebnisse sein, dass das manuelle Schweißen weiterhin vorteilhafter ist. Oder das APA-Team kann Empfehlungen aussprechen, welche Maßnahmen den Prozess automatisierungsfreundlicher machen würden. Während die Schweiß-APA bereits verfügbar ist, sind die Versionen für die mobile Robotik sowie das Maschinenbeladen noch in der Erarbeitung.
APA als App
Neben der Erweiterung für neue Anwendungen gibt es noch eine weitere Neuigkeit zur APA: Ab Juni wird diese auch als App erhältlich sein. Ein externer Partner erhält hierfür die Lizenz, sodass Unternehmen die APA dann auch selbst durchführen können. Das Entwicklerteam freut sich auf Rückmeldungen von Unternehmen, die die APA durchgeführt haben, und steht für alle Fragen sowie weitere Schritte Richtung Konzeptionierung, Machbarkeit oder Realisierung von Automatisierungslösungen gerne zur Verfügung.