Grundgewebetypen setzen sich aus unterschiedlichen multikomplexen Strukturen aus den Komponenten Haut, Fett, Skelettmuskeln, Sehnen und Knochen zusammen. Deren grundlegenden mechanischen Charakteristiken sind für alle menschlichen Individuen gleich. Dennoch ist es nicht möglich, eine einheitliche Aussage über menschliches Gewebe zu treffen, da sich dessen Zusammensetzung nicht nur zwischen den einzelnen Gewebetypen, sondern auch unter Individuen und dem gleichen Gewebetyp unterscheidet. Unterschiedliche Einflussfaktoren sind beispielsweise Alter, Gewicht, Geschlecht, Gesundheitszustand, Fett- bzw. Muskelanteil. Aufgrund dieser individuellen Zusammensetzung des menschlichen Gewebes ist eine »Vereinheitlichung« nicht möglich.
Die mechanische Einordung eines Gewebes, ob und wieviel Last es aufnehmen kann, ermittelt ein erfahrener Orthopädietechniker durch Palpation. Die Palpation ist für die Untersuchung von pathologischen Veränderungen im Gewebe eine wichtige Untersuchungstechnik. Diese Veränderungen im Gewebe lassen sich meistens durch eine Verhärtung der betroffenen Stelle feststellen. Diese Untersuchungsart ist jedoch subjektiv. Die Etablierung von Gewebemessverfahren, die eine objektive Beurteilung von Steifigkeitsänderungen im Gewebe gewährleisten und die Palpation mechanisch unterstützen, ist sinnvoll. Standardisierte Gewebemessungen helfen orthopädische Produkte besser individuell auf den Patienten anzupassen.
Zur Bestimmung von elastischen Eigenschaften von Weichgewebe sind verschiedenen Messsysteme auf dem Markt verfügbar, z. B. Ultraschall, Elastographie, mechanisches Druckmessverfahren, etc. Die Messsysteme unterscheiden sich in ihrer räumlichen Auflösung der Gewebestrukturen, der mechanischen Erfassung von lokalen, integralen, statischen oder zeitabhängigen Eigenschaften. Mit dem Ultraschallmesssystem werden auch relative Bewegungen von Knochensegmenten gemessen und die innere Gewebeverformung analysiert. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Benutzerfreundlichkeit von Messgeräten im alltäglichen Gebrauch. Welches Messverfahren sich für welche Anwendung eignet, hängt von der Problemstellung ab und können in Kliniken, Praxen und Sanitätshäusern eingesetzt werden. Auch für Unternehmen, die für ihre nicht-medizinischen Produkte z. B. Sitz- und Liegesysteme einen hohen Tragekomfort anbieten wollen, können Gewebeverformungsanalysen von hohem Interesse sein.