Europäische Raumfahrtagentur ESA: Fraunhofer-Forscher konzipierten Reinraum für planetare Raumflugmissionen

In Kürze

Bauteile, die bei einer planetaren Weltraum-Mission eingesetzt werden, müssen penibel gereinigt sein. Fraunhofer-Forscher haben für die Europäische Raumfahrtagentur ESA einen Reinraum konzipiert, in dem geringste Kontaminationen erkannt und kontrolliert werden können.

 

Im Detail

Die Anforderung lautete: Alle Bauteile müssen absolut keimfrei sein und selbst Verschmutzungen im Nanogramm- und Nanometerbereich entfernt werden.

Um kritische Bauteile, wie zum Beispiel für die Weltraum-Mission »ExoMars« zuverlässig reinigen und kontaminationsfrei montieren zu können, haben die Experten für die ESA einen Reinraum konzipiert und im niederländischen Noordwijk, dem Sitz des Europäischen Weltraumforschungs- und Technologiezentrums (ESTEC), eingerichtet. Der etwa 70 Quadratmeter große reinheitstechnisch kontrollierte Bereich genügt höchsten Reinheitsanforderungen, unter anderem der ISO-Klasse 1.

Die Konzeption der IPA-Forscher umfasste die Planung ebenso wie das Layout, die Qualitätssicherung, Realisierung, Abnahmemessung und Inbetriebnahme. Es wurde ein Rundumsorglos-Paket geschnürt, der Raum dimensioniert, die Auswahl der Reinheits- und Reinigungstechnik, der Anlagen- und Lüftungstechnik, der Bodenbeschichtungen, der Filtrationssysteme getroffen, und Empfehlungen für Industriepartner gegeben, die den Raum realisieren.

Für das Reinigen der Bauteile hat sich ein Verfahren bewährt, das am IPA entwickelt und zum Patent angemeldet wurde. Ursprünglich kommt die Methode aus den USA, um den Lack von Flugzeugrümpfen zu entfernen. Ein harter Strahl aus reiskorngroßen Kristallen von gefrorenem Kohlendioxid (CO2) sprengt dabei die Farbe regelrecht vom Metall ab. Die Forscher haben dieses grobe Instrument der CO2-Trockeneispelletsreinigung stark verfeinert. Anstatt CO2-Pellets verwenden sie Kohlendioxid-Schnee, um damit jedes Bauteil einzeln zu bearbeiten, vom hochkomplexen Aluminiumwerkstück bis zum Unterlegscheibchen. Der Clou: Der Strahl, der aus der Düse kommt, wird mit einem umhüllenden CDA-Strahl (Clean Dry Air) zusätzlich beschleunigt. So dringt er in alle Ritzen und entfernt noch die kleinsten Verschmutzungen. Sobald die winzigen Schneeflocken auf die relativ warme Oberfläche treffen, werden sie gasförmig, wobei sich ihr Volumen explosionsartig um das 800-fache ausdehnt. Der dabei entstehende große Druck fegt jeden Schmutz restlos weg, sogar Fingerabdrücke, die das kalte Gas zuvor spröde gemacht hat.

Einblicke ins Projekt:

  „Die Europäische Raumfahrtagentur und ihre industriellen und wissenschaftlichen Vertragspartner haben wesentlich von dem Know-how des Fraunhofer Institutes profitiert. Durch das vorhandene Expertenwissen der Fraunhofer Ingenieure und ihrem Engagement waren wir in der Lage innerhalb kurzer Zeit ein Reinraum- und Prozesskonzept zu realisieren, das  den hohen Reinheitsanforderungen an die Integrations- und Testumgebung einer Planetenmission wie zum Beispiel ExoMars genügt. Auch darüber hinaus hat sich das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung als ein kompetenter Ansprechpartner für Forschung und Entwicklung im Bereich spezifischer Fragen der Reinhaltung und Vermeidung von Kontamination erwiesen.“

Robert Lindner, ESA-ESTEC