Die Ausrichtung des Fraunhofer IPA

»Wir sind die Technologieberater und Impulsgeber«

Interdisziplinär, systemisch und nachhaltig – so könnte man die Forschung am Fraunhofer IPA charakterisieren. Wir sprachen mit Institutsleiter Prof. Thomas Bauernhansl, Anja Demont aus dem Bereich Business Development und Christoph Schaeffer vom Innovationsmanagement über neue Geschäftsmodelle, innovative Technologien und die Maximierung von Wertschöpfung beim Kunden.

»Herr Professor Bauernhansl, seit 2011 sind Sie Leiter des drittgrößten Instituts der Fraunhofer-Gesellschaft. Was hat sich seit Ihrem Einstieg alles getan, wo kann man Ihre Handschrift erkennen?«

Bauernhansl:

Da sollte man unsere Kunden und unsere Mitarbeiter fragen. Woran man sicher Veränderungen festmachen kann, ist die Tatsache, dass wir seitdem stark gewachsen sind und dass dieser Wachstumstrend anhält. Wachstum hat für mich auch immer was mit Qualität zu tun, also mit überlegtem und planvollem Handeln im Sinne einer strategischen Ausrichtung. Was sich seit meinem Einstieg sicher auch intensiviert hat, ist die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen und Gruppen des Instituts. Mehr Kooperation im Sinne unseres interdisziplinär-systemischen Ansatzes.

 

Schaeffer:

Sie haben Führungsstärke und Perspektive mitgebracht – zwei wesentliche Elemente. Damit ist das Fraunhofer IPA gut aufgestellt und gewappnet für die Zukunft. Und eine Mannschaft, die hinter ihrem Chef steht, ist Voraussetzung für den Erfolg.

 

Demont:

Durch die strategischen Eckpfeiler »Mass Sustainability« und »Mass Personalization« gibt es ein Dach, unter das sich die gesamte Organisation einordnen kann, und eine Richtung, der alle folgen können. Eine gemeinsame Ausrichtung ist bei einer vielfältig gewachsenen Struktur, wie sie das IPA hat, absolut sinnvoll.

»Wie schafft man es, mit 15 Abteilungen und sechs Geschäftsfeldern einen gemeinsamen Weg konsequent zu beschreiten?«

Bauernhansl:

Ein kulturbildendes Merkmal am IPA ist die Freiheit, selbst kreativ und gestalterisch tätig zu werden. Das ist ein sehr hohes Gut. Damit differenzieren wir uns positiv von dem einen oder anderen Forschungsinstitut, aber vor allem von der Industrie. Wer Freiräume und ein kreatives Umfeld sucht, der ist bei uns genau richtig und schafft im Sinne der Schwarmintelligenz Neues. Das ist das eine. Zum anderen muss der Schwarm dann auch so organisiert sein, dass er grob in eine Richtung fliegt und gemeinsame Ziele beziehungsweise Synergien verfolgt. Und genau hier setzen die strategischen Eckpfeiler und die Matrix-Organisation an, die Branchenorientierung, Fokussierung und Kommunikationsfluss sicherstellen und stärken. 

Demont:

Als Erfolgsfaktor sehe ich auch das hohe Maß an Verantwortung, dass die Mitarbeiter bei ihren Projekten schon sehr früh übernehmen dürfen. Flache Hierarchien und selbstständiges Denken und Handeln bringt gerade Organisationen mit komplexen Strukturen weiter. Stichwort Dezentralität und Autonomie in orientierungsgebenden Leitplanken.

»Sind die strategischen Eckpfeiler des Fraunhofer IPA – »Mass Sustainability« und »Mass Personalization« – die größten gemeinsamen Nenner der Produktionswelt von morgen?«

Bauernhansl:

Das sind zunächst einmal erklärungsbedürftige Begriffe. Aber wenn man inhaltlich verstanden hat, dass sich dahinter sehr markt- und kundenorientierte Konzepte verbergen, dann wird schnell klar, dass das die Zukunft ist. Deshalb gehe ich davon aus, dass sich viele darin wiederfinden werden. Gerade in Branchen wie der Automobilindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau und der Medizintechnik stoßen die Konzepte auf eine breite Resonanz. Mass Personalization ist ein zentrales Thema des Forschungscampus ARENA2036 der Universität Stuttgart. Hier geht es darum, zusammen mit der Industrie wettbewerbsfähige Produktionskonzepte für das Automobil der Zukunft zu entwickeln. Mass Sustainability wird vor allem im vielversprechenden Ansatz der Ultraeffizienzfabrik realisiert. Hier spielen neben Energie- und Materialeffizienz auch Möglichkeiten, Energie zu speichern und intelligent zu verteilen, eine Rolle. Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass alle Leuchtturmprojekte, an denen wir aktuell mitwirken, zu unserer Strategie passen – auch unter den Gesichtspunkten von Industrie 4.0.

»Bleiben bei so viel Strategie klassische Produktionsthemen, die es seit 30 Jahren oder länger gibt, auf der Strecke?«

Bauernhansl:

Alles, was wir tun, hat zum Ziel, Wertschöpfung zu optimieren. Viele Forschungsinstitute sind aus der Arbeit mit der Werkzeugmaschine und den klassischen Fertigungsverfahren entstanden. Drehen, fräsen, schleifen. Das Ganze kann ich dann noch erweitern um Pressen und die Umformtechnik. Diesen klassischen Produktionstechnik-Kern gab es auch so nie beim Fraunhofer IPA. Sondern wir haben uns mit Automatisierung und Produktionstechnik auch außerhalb der Automobilindustrie und des Maschinen- und Anlagenbaus beschäftigt, beispielsweise in der Bioproduktionstechnik, Mikrosystemtechnik und Prozesstechnik. Dieses breite Portfolio schafft für uns die Möglichkeit der Risikostreuung. Wir können uns auf vielfältige Interessensgebiete abstützen. Das macht uns zu einem besonderen Institut im Sinne der Vielfalt an Themen, die wir bearbeiten.

 

Demont:

Das Fraunhofer IPA sieht sich als Lösungsanbieter. Sprich: Der Kunde hat Frage- oder Problemstellungen, die er alleine nicht lösen kann, weil sie zunehmend komplexer werden. Er holt sich daher entsprechende Kompetenz ins Haus. Durch die Einführung von Geschäftsfeldern haben wir erreicht, dass sich unsere Innovationen zunehmend an den Schnittstellen der verschiedenen Kompetenzfelder des IPA herausbilden. Wir arbeiten noch stärker vernetzt und es entstehen ganz neue Lösungen für systemische Problemstellungen unserer Kunden in unseren Kernbranchen.

»In Geschäftsmodellen denken, in Kooperationen handeln – das ist Ihre Maxime für den Mittelstand, damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt. Gibt es erste Erfolgsbeispiele, die zeigen, dass dieses Motto Wirkung zeigt?«

Bauernhansl:

Es gibt erste Pflänzchen. Wenn es darauf ankommt, dann kooperieren Unternehmen – zur Not auch mit dem Wettbewerb. Im Zuge der vierten industriellen Revolution sehen vor allem viele Mittelständler, dass sie allein, selbst wenn sie viele Kompetenzen an Bord haben, nicht in der Lage sind, marktrelevant zu bleiben. Und es geht ja immer um Marktrelevanz. Ein Beispiel für Zusammenarbeit – in diesem Fall zwischen zwei Großkonzernen – betrifft Siemens und SAP. Vor einigen Jahren oder Jahrzehnten war die Entwicklung einer gemeinsamen Vertriebsplattform nicht selbstverständlich. Heute ist sie es. Gerade deshalb, weil es in beiden Unternehmen Geschäftsbereiche gibt, die im direkten Wettbewerb zueinander stehen, kann man hier durchaus von Coopetition, also der Kombination von Cooperation und Competition, sprechen. Man sieht auch in anderen Bereichen, dass Unternehmen mehr und mehr zusammenarbeiten, um gemeinsam eine höhere Marktrelevanz zu erreichen.

»Welche Rolle spielen dabei Labs und Zentren, die im Rahmen eines ganzheitlichen Campus-Konzeptes entstehen und etabliert werden sollen?«

Demont:

Durch die Kooperation mit dem Fraunhofer IPA in Labs oder Zentren haben Unternehmen die Möglichkeit, außerhalb ihrer eigenen Unternehmensstrukturen systemisch an strategischen Innovationsthemen zu arbeiten – jenseits der reinen Optimierung bestehender Technologien und Prozesse. Im Mittelpunkt steht dabei die Sicht auf die Wertschöpfung der Zukunft als System von verschiedenen Akteuren und Technologien, neben Produktionstechnologien insbesondere auch die Informationstechnologie. Entwicklungen wie die Digitalisierung und Vernetzung oder neue Produktionstechnologien wie additive Produktion und Leichtbau werden unbestritten großen Einfluss auf produzierende Unternehmen haben. Diese Campus-weiten Themen greifen wir gemeinsam mit der Industrie in entsprechenden Labs und Zentren auf und gestalten dadurch die Veränderung aktiv mit. Wir sind Sparringspartner der Industrie vor Ort mit Rückgriffmöglichkeiten auf ein starkes Netzwerk innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft.

»Mit gesunder Regelmäßigkeit ist die Fraunhofer-Gesellschaft unter den »Top 100 Global Innovators« zu finden. Liegt das an den vielen Patenten, die die Gesellschaft weltweit anmeldet?«

Schaeffer:

Patente zählen sicher auch dazu, denn wie sonst sollte man Innovation messen. Aber ich glaube noch mehr ist es die inhaltliche Bedeutung, das heißt die Qualität und die Umsetzbarkeit von Ideen, die hier einfließt. Und natürlich zählen auch die Erfolgsgeschichten dazu, die in der Fraunhofer-Welt geschrieben werden. Bekanntestes Beispiel ist die Entwicklung des MP3-Formats der Kollegen vom Fraunhofer IIS in Erlangen. Am Ende des Tages sorgen die Vielseitigkeit der Entwicklungen, die Breite der Themen und die Vielzahl der Industrieprojekte dafür, im genannten Ranking gut bis sehr gut abzuschneiden.

»Was macht das Fraunhofer IPA noch, um innovativ zu sein?«

Bauernhansl:

Dazu muss man sich erst einmal überlegen, was das Wort innovativ überhaupt bedeutet. Innovativ heißt ja, dass man nicht nur erfinderisch tätig ist oder tolle Forschungsprojekte macht, sondern dass man dafür sorgt, dass die Inhalte im Markt eine Relevanz haben und erfolgreich sind. Das schafft man, indem man an den richtigen Themen mit den richtigen Partnern zusammenarbeitet. Erst dann wird aus einer Invention tatsächlich eine erfolgreiche Innovation. Das ist anwendungsnahe Forschung. Genau das ist unsere Aufgabe. Und produktionstechnische Institute wie das Fraunhofer IPA sind per Definition sowieso nah an den Technologien, nah am Markt und somit nah an den Bedürfnissen der Kunden.

»Seit 23 Jahren werden gute Ideen am Fraunhofer IPA mit dem Hans-Jürgen Warnecke Innovationspreis ausgezeichnet. Warum machen Sie das und welche Innovationen waren dabei?«

Schaeffer:

Die Auslobung des Hans-Jürgen-Warnecke-Innovationspreises ist einerseits ein gezieltes Instrument, um gute Ideen und Inventionen zu erkennen, zu bewerten und gezielt weiter zu entwickeln, und andererseits Motivation und Würdigung der Wissenschaftler, die dahinter stehen. Was waren die Erfolge rückblickend: 70 Themen haben wir in den besagten 23 Jahren prämiert. Etwa 15 davon haben sich erfolgreich am Markt etabliert. Insbesondere zu nennen ist Dr. Thomas Weisener, der zusammen mit Dr. Gerald Vögele aus dem Fraunhofer IPA heraus seine Innovationsidee als Unternehmen ausgründete und heute sehr erfolgreich Mikrozahnringpumpen in die ganze Welt verkauft. Eine weitere Erfolgsgeschichte ist 3Liter-PPS, ein Software-System der IPA-Ausgründung LF Consult GmbH, mit dem wir über Jahre hinweg sechsstellige Lizenzeinnahmen verbuchen konnten. Diese Best-Practice-Beispiele zeigen, dass unsere Geschäftsmodelle Relevanz für den Markt haben.

»Was hat der Kunde davon?«

Schaeffer:

Ich sage mal so: Wer nicht innoviert, hat schon verloren. Die Märkte sind enorm volatil und entwickeln sich permanent weiter. Gerade unsere beiden strategischen Eckpfeiler Mass Sustainability und Mass Personalization bewegen sich entlang der Trends, die die nächsten 20 bis 30 Jahre bestimmen werden. Beispiel Automobilindustrie: E-Mobility, autonomes Fahren, Vernetzung der Produktion – all diese Entwicklungen zielen in diese Richtung. Alle Unternehmen, die sich diesen Marktveränderungen nicht stellen, werden über kurz oder lang links oder rechts überholt. Und genau an dieser Stelle steht Fraunhofer als Partner und Dienstleister bereit.

 

Demont:

Speziell das Fraunhofer IPA setzt bereits seit Jahrzehnten auf Flexibilisierungstechnologien, also auf Technologien, die nicht nur für eine spezifische Anwendung übertragbar sind, sondern die auf ganz andere Branchenfelder adaptiert werden können. Unser Ansatz ist, dass wir im Sinne einer systemisch besten Lösung denken und agieren. Leute aus der IT, der Automatisierung und der Logistik arbeiten Hand in Hand zusammen, um möglichst nahe ans Gesamtoptimum zu kommen. Genau das ist auch die Idee hinter unserem Campus-Konzept, das wir in Kooperation mit der Industrie in Form von Zentren und Labs umsetzen möchten.

 

Schaeffer:

Über Branchen hinweg bieten wir eine Vielzahl an Werkzeugkästen, bestehend aus Wissen, Erfahrung und bewährten Lösungen, die wir an die Unternehmen weitergeben können. Wir sind wie eine Art Unternehmensberater, die ja auch von außen kommen und helfen, dort wo es nötig ist. Bei uns ist die Beratung technologisch fundiert. Wir sind also die Technologieberater und Impulsgeber, die über die Branchen hinweg helfen und neue Lösungen erarbeiten.

 

Bauernhansl:

Ein Projektansprechpartner des Fraunhofer IPA bringt jahrelange Erfahrung aus Projekten mit verschiedenen Projektpartnern verschiedenster Branchen basierend auf einem starken technologischen Kern mit. Das macht den Unterschied aus.

»Trägt die Innovationskultur am Fraunhofer IPA dazu bei, Unternehmen zu inspirieren, ihr aktuelles Geschäftsmodell kritisch anzuschauen und es gegebenenfalls auf die zukünftigen Bedürfnisse anzupassen?«

Schaeffer:

Zwangsläufig. Wir haben mehr Ideen als Leute, die diese Ideen umsetzen können. Der erfahrene, motivierte Wissenschaftler forscht seit vielen Jahren in seinem Fachgebiet und sprüht vor Ideen. Er setzt sich tagtäglich mit seinen Themen auseinander und wird durch seine Kunden vor immer neue Herausforderungen gestellt. Wir haben viele Ideen »ready to go«, die Kunden dann übernehmen und zur Marktreife führen. Das Fraunhofer IPA ist der Patentinhaber, der die Rechte übertragen kann. Vermarkten muss das Patent das Unternehmen selbst. Wir haben einen ganzen Strauß an unterstützenden F&E-Angeboten, um unsere Partner aus der Industrie zu befähigen, neue Business-Modelle aufzubauen, inklusive Technik, Marktaufbereitung und Schulung. Einen weicheren Übergang können sich Unternehmen nicht wünschen.

»Das heißt, Sie gehen mit Ihrem Blumenstrauß zum Mittelständer auf der schwäbischen Alb und schauen, was er davon gebrauchen kann.«

Schaeffer:

Das Standard-Rationalisierungsprojekt im Sinne von »Welche Einsparungsmöglichkeiten gibt es in der Produktion?« bieten wir natürlich weiterhin an, wann immer der Kunde es wünscht und benötigt. Aber ich denke, dass gerade in der Entwicklung oder Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen und Fertigungskonzepten die Musik spielt. Nehmen wir als Beispiel das neuartige Beschichten von Solarspiegeln durch unser patentiertes TransApp®-Pulverbeschichtungsverfahren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Pulverbeschichtungsanlagen mit Sprühpistolen entstehen bei TransApp®-Anlagen nur sehr geringe Overspraymengen, das heißt, entsprechend platzsparend und kostengünstig fallen die Absaug- und Rückgewinnungsanlagen aus. Das ist deutlich umweltschonender als zuvor und ein gutes Beispiel für »Game-changer-Technologien made by IPA«, die ganz neue Perspektiven bieten.

»Das sind alles Themen, die eine Marktrelevanz haben.«

Schaeffer:

Das Gute ist: In allen Phasen des Process and Product Innovation Life Cycle kann das Fraunhofer IPA Lösungen anbieten. Also sowohl in der Vorlaufforschung, die fünf bis zehn Jahre in die Zukunft blickt, als auch mit Produkten und Lösungen, die wie gesagt »ready to go« sind. Das heißt, unser Portfolio besteht aus kurz-, mittel- und langfristigen Ansätzen. Genau das ist der Mehrwert, den wir unseren Kunden anbieten können.

 

Demont:

Hier sind die Geschäftsfelder sehr hilfreich, weil sie sozusagen das branchenbezogene Eingangstor für unsere Kunden sind. Unternehmen finden dort kompetente Ansprechpartner für ihre Anforderungen und Beratung dahingehend, welche Lösungsgeber und Lösungswege innerhalb des Fraunhofer IPA am besten weiterhelfen können. So ist der Horizont größer, um Problemstellungen ganzheitlicher anzupacken. Fragestellungen wie »Wo drückt der Schuh? Welcher Bedarf ist vorhanden?« können zielgerichteter kanalisiert werden.

»Womit überzeugen Sie die Industrie, zu kooperieren? Durch Themen, durch Business-Konzepte, durch Innovationen oder doch durch Technologie?«

Bauernhansl:

Ich glaube, dass die Business-Konzepte an erster Stelle stehen. Darunter summieren sich die Themen, erst dann folgen die Technologien. Da wir auf allen Ebenen mitspielen können, stellt sich für mich gar nicht die Frage. Wir setzen dort an, wo es für den Kunden am meisten Sinn macht. Nehmen wir die Kooperation mit TRUMPF aus Ditzingen, die über fünf Jahre angelegt ist. Das Unternehmen hat sich über Jahrzehnte die Kompetenz in der Laserbearbeitung erarbeitet. Damit hat man das Wachstum der Firma möglich gemacht. Jetzt stellt man fest, dass der Laser zur Commodity werden kann und die differenzierende Wirkung nachlässt. Gleichzeitig nimmt die Bedeutung von Vernetzung und Digitalisierung zu und die Entwicklung steht im Zeichen von neuen Eco- und Wertschöpfungssystemen. Und genau hier sind wir der richtige Ansprechpartner.

»Wie unterscheiden Unternehmen innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft beziehungsweise wie werden Unternehmen speziell auf das Fraunhofer IPA aufmerksam?«

Bauernhansl:

Aufmerksamkeit erzeugt man sicherlich dadurch, dass man die richtigen Themen bearbeitet und diese entsprechend kommuniziert. Aus meiner Sicht gibt es zwei Arten von Themen, die auf Interesse stoßen. Auf der einen Seite handelt es sich um eine neue technische Lösung, die es bisher noch nicht gab. Das kann in der Robotik sein, in der Lackiertechnik, in der Galvanik, in vielen anderen Bereichen – Hauptsache die Lösung ist in relevanten Bereichen deutlich besser und sticht heraus aus dem, was es bisher gab. Auf der anderen Seite handelt es sich um die systemisch-interdisziplinären Ansätze, bei denen man es geschafft hat, die richtigen Disziplinen zusammen zu bringen, um eine neue systemische Lösung zu erarbeiten. Das heißt: Innovation an den Grenzen etablierter produktionstechnischer Disziplinen.

 

Schaeffer:

Firmen, die in einer Disziplin stark sind, bietet man die Möglichkeit, über den Tellerrand zu schauen, um in der Kombination mit anderen Disziplinen etwas völlig Neues zu erschaffen. Das kann ein disruptives Geschäftsmodell oder Anwendungsszenario sein oder eine neue IT-Lösung, beispielsweise die Ausstattung von Materialien mit Sensorik.

 

Demont:

Unser Institut greift auf eine Vielzahl an ausgezeichneten Kompetenzträgern aus einer großen Bandbreite an Technologien und Prozess-Know-how zurück. Dies macht es uns möglich, insbesondere Fragstellungen an Schnittstellen oder über Wertschöpfungsstufen hinweg interdisziplinär und aus einer Hand zu bearbeiten. Diese Fähigkeiten und Ressourcen über eine Zusammenarbeit mit uns gezielt zu nutzen, um die Weiterentwicklung des eigenen Produktionssystems voranzutreiben, kann hinsichtlich zukünftiger Herausforderungen für produzierende Unternehmen sehr wertvoll sein.

»Was macht die Marke Fraunhofer unverzichtbar? Oder anders gefragt: Was macht Fraunhofer aus Marktsicht so wertvoll?«

Bauernhansl:

Wie wertvoll die Marke Fraunhofer ist erkennt man daran, dass sich Länder wie Brasilien, Großbritannien oder USA, die in manchen Bereichen – im Korridor »Technology Readiness Level« 6 bis 9 – Schwächen haben, Institutionen und Organisationen aufbauen, die ähnliche Strukturen und Ziele haben wie die Fraunhofer-Gesellschaft. Ich möchte behaupten, dass das Geschäftsmodell Fraunhofer in Kombination mit Universitäten und Instituten wie Max-Planck, die Grundlagenforschung betreiben, systemrelevant für den Innovationserfolg Deutschlands ist. Angewandte Forschung in dieser Form ist einzigartig und gewinnbringend für unsere Volkswirtschaft.

 

Schaeffer:

Der größte Wert, den Fraunhofer in die Waagschale werfen kann, sind die Mitarbeiter. In den Arbeitgeberumfragen sieht man immer wieder, dass Fraunhofer für viele Naturwissenschaftler und Ingenieure erste Wahl bei der beruflichen Standortfindung ist.