Deutsche Nanoforschung im Dornröschenschlaf
Von 0 auf 100 und wieder zurück – so lässt sich der Hype um die Nanotechnologie in Deutschland beschreiben. Während die neuen Materialien in asiatischen Ländern nach wie vor intensiv beforscht werden, lässt die Nano-Euphorie in Deutschland nach. Grund dafür sind fehlende Skalierungsverfahren, um den nanoskopischen Maßstab in die reale Welt zu überführen. Mit dem Ziel, die deutsche Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben, hat das Fraunhofer IPA 2006 die Fachtagung »Stuttgart NanoDays« ins Leben gerufen. Dieses Jahr hat sich das internationale Teilnehmerfeld von 17. bis 19. September beim Max-Planck-Institut in Stuttgart-Büsnau getroffen.
Nanokohlenstoffe verfügen aufgrund ihrer elektrochemischen Effekte über außergewöhnliche Materialeigenschaften. Hierzu zählt unter anderem eine verlustfreie, elektrische Leitfähigkeit, eine extrem hohe Festigkeit sowie chemische und thermische Beständigkeit. Jedoch sind diese Potenziale bisher nur auf nanoskopischer Ebene nutzbar. Ivica Kolaric, Abteilungsleiter »Funktionale Materialien« beim Fraunhofer IPA, sieht deshalb dringenden Forschungsbedarf auf diesem Gebiet. »Das Verhältnis eines Nanometers zu einem Meter entspricht dem eines Tennisballs zur Erde. Um von den Werkstoffen zu profitieren, müssen wir sie erst in industriell verwertbare Größen transformieren«, erklärt er.
Enger Austausch mit internationaler Forschung, Politik und Industrie
Während im asiatischen Raum kontinuierlich an Skalierungsmetoden gearbeitet wird, lässt die deutsche Forschung auf diesem Gebiet stark nach. »Wir fallen zunehmend in einen Dornröschenschlaf. Praxisnahe Ergebnisse erhalten wir aber nur, wenn wir am Ball bleiben«, meint Kolaric. Um in dem potenzialreichen Forschungsfeld weiterzukommen, hat die Abteilung »Funktionale Materialien« 2006 die »Stuttgart NanoDays« ins Leben gerufen. Ziel war es, einen pragmatischen Austausch von Forschung, Politik und Industrie zu ermöglichen. Internationale Koryphäen aus der Grundlagen- und der angewandten Forschung stellen alljährlich ihre neusten Forschungsergebnisse vor. »Neben dem Wissenstransfer geht es uns aber darum, zu beleuchten, welche Anwendungsfelder sich lohnen«, meint Kolaric zur Fachtagung.
Bei den diesjährigen »6. Stuttgart NanoDays« sind rund 60 Teilnehmer zusammengekommen. Spitzenforscher, unter anderem aus Japan, China, Neuseeland, den USA, Frankreich, Österreich und Irland, beteiligten sich an den Diskussionen. Den Startschuss erteilte Ivica Kolaric mit seinem Eröffnungsvortrag am Mittwoch. Im Zentrum stand der Einfluss sozialer Medien auf die Nanoforschung. Insbesondere bei der Videoplattform You Tube werde beim Konsumenten eine Erwartungshaltung geweckt, die nicht realisiert werden kann. »Soziale Medien verhelfen der Nanotechnologie zu einer höheren Bekanntheit, jedoch stellen sie die Verfahren meist zu einfach dar. Das führt zu Enttäuschungen bei den Anwendern und hemmt den Forschungsfortschritt«, erklärte Kolaric in seinem Vortrag. Laut dem Experten sei es unerlässlich, auf die Herausforderungen hinzuweisen und darüber zu diskutieren. Ebenso interdisziplinär ausgerichtet waren die anschließenden Vorträge. Sivaram Arepalli von »NanoScience and Technology Consultants LLC« in Hampton, USA, referierte zum Beispiel über den Einsatz der Nanomaterialien in Hinblick auf die ressourceneffiziente Energiegewinnung.