Vince Ebert auf den Spuren der Holzwespe
Im zweiten Teil der Erklär-Videoreihe »Zukunftsforscher trifft Zukunftsforschung « widmet sich der Physiker und Kabarettist der Symbiose zwischen Produktionstechnik und Bionik. Mit Auszeichnungen wie dem Hans-Jürgen Warnecke Innovationspreis und dem International Bionic Award sowie der Vorführung bei der großen Show der Naturwunder hat das vom Fraunhofer IPA von der Natur adaptierte »Sirex-Prinzip« großes Potenzial, in den unterschiedlichsten Branchen eingesetzt zu werden.
Der Ausgangspunkt für die Forschungsarbeit der Abteilung Biomechatronische Systeme des Fraunhofer IPA war in diesem Fall das Gesundheitswesen. Denn jedes Jahr bekommen in Deutschland rund 200 000 Patienten ein künstliches Hüftgelenk. Die Operation ist ein komplexes Unterfangen. In einem besonders aufwendigen Schritt muss der Chirurg von Hand ein dreidimensional-eckiges Loch in den Oberschenkel des Patienten bohren. Das macht er bisher meist von Hand mit einer Raspel. Mit dem vom Fraunhofer IPA entwickelten Sirex-Bohrer können Ärzte den Eingriff künftig schneller, präziser und mit deutlich weniger Kraftaufwand vornehmen.
Bohren nach dem Vorbild der Hautflügler – im Baugewerbe, bei der Gartenarbeit und sogar im Weltall
Dass diese Technik nicht nur im Gesundheitswesen auf offene Ohren stößt, erklärt Vince Ebert humorvoll wie folgt: »Jeder Hobbytaucher kennt das Dilemma: Bohren unter Wasser – ein Riesenproblem. Oder noch extremer: Stellen Sie sich, Sie sind Astronaut und müssen auf einem Kometen ein Loch bohren. Mit einem normalen Bohrer brauchen Sie einen Anpressdruck. Der ist aber in der Schwerelosigkeit nicht möglich. Auch hier hilft der Sirex-Bohrer. Der geht butterweich in den Kometen«.
Oliver Schwarz, Gruppenleiter Bionik und Medizintechnik am Fraunhofer IPA und verantwortlich für das Sirex-Projekt, ergänzt fachlich: »Die Holzwespen bohren bis zu 6 Zentimeter tiefe Löcher ins Holz, um ihre Eier abzulegen. Da ihnen Rotationen nicht möglich sind, raspeln sie die Hohlräume überaus trickreich aus dem Stamm. Ihr Legestachel besteht aus drei separaten Raspeln, die sich unabhängig voneinander bewegen können. Während sich der eine Teil bewegt, verhakt sich der andere im Loch und sorgt so für den nötigen Halt. Mit dieser Technik kann auch Gartenarbeit, Heimwerken und vieles mehr erleichtert werden. Im direkten Gespräch mit den potenziellen Nutzern evaluieren wir gerade die Möglichkeiten des Einsatzes«.
Zehn weitere Folgen des Zukunftsforschers folgen monatlich
Im Juni nimmt sich Vince Ebert – im Zeichen der Energiewende – der Entwicklung und seriellen Produktion von PowerCaps an. Im Juli ist er im Gespräch mit Service-Roboter Paul zu sehen. Ziel der Videoreihe ist es, teils komplexe, teils erklärungsbedürftige Sachverhalte humorvoll und einfach auf den Punkt zu bringen und dabei sowohl den industriellen als auch den gesellschaftlichen Nutzen der einzelnen Forschungsgebiete herauszuarbeiten.
Seit vielen Jahren ist Vince Ebert neben Anja Reschke, Susanne Holst und Thomas D fester Protagonist des Wissensformates »Wissen vor acht«, das sich in ähnlicher Form wie das Fraunhofer-Format mit wissenschaftlichen Themen befasst. Seit letztem Jahr schreibt Ebert außerdem zweiwöchentlich eine Kolumne für das Spektrum der Wissenschaft Online.