Beim Bau des weltweit stärksten Lasers ist absolute Sauberkeit Pflicht
Reine Forschung
Das weltweit stärkste Laserzentrum, »Extreme Light Infrastructure« (ELI), entsteht derzeit mit EU-Mitteln nahe der tschechischen Hauptstadt Prag. Es soll in wenigen Jahren Wissenschaftlern aus aller Welt für die Grundlagenforschung zur Verfügung stehen.
Was CERN für die Teilchenphysiker bedeutet, soll ELI für die Laserforschung werden. Schon der Bau der Anlage, der mehrere Hundert Millionen Euro kosten wird, stellt Experten vor bislang unbekannte Herausforderungen. Das Problem: Die Apparatur von der Größe eines Fußballfeldes reagiert sehr empfindlich auf Verunreinigungen. Die hochenergetischen Laserstrahlen, die durch ein Ultrahochvakuum jagen, brennen Partikel und Gase in die Wände ein oder versintern sie, verwandelt sie also in Stoffe, die sich wie eine Beschichtung ablagern. Die Umlenkspiegel würden blind, und die ganze Anlage unbrauchbar. Sauberkeit ist also höchstes Gebot. Erschwerend kommt hinzu, dass Dutzende unterschiedlicher Zulieferer die einzelnen Komponenten liefern, die alle die vorgegebenen Reinheitsnormen penibel einhalten müssen. »Das ist ein Riesenaufwand«, sagt Markus Keller, Experte am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.
Viele Unternehmen haben sich inzwischen an das IPA gewandt. Denn das Institut verfügt nicht nur über den weltweit größten Forschungsreinraum der ISO-Klasse 1, seine Wissenschaftler haben auch das nötige Know-how in allen Fragen der Reinheit. Und bei diesem Projekt, das Keller leitet, sind alle Facetten gefragt, von der Reinigung bis zur Validierung, von der sauberen Verpackung bis zur Schulung. Es geht sowohl um organische Verunreinigungen als auch um Partikel. Und es geht darum, dass keine Materialien verwendet werden, die ausgasen. Die Vorgehensweise ist entsprechend vielseitig. Manche Teile wie ein Vakuumschieber von einer halben Tonne Gewicht werden in Stuttgart gereinigt, penibel verpackt und auf den Weg geschickt. Für andere Komponenten wäre der Transport zu aufwendig. So sind allein mehr als 100 Edelstahlrohre nötig, jedes 6 Meter lang und 40 Zentimeter dick. In ihnen werden die Laserstrahlen später durchs Ultrahochvakuum laufen.
Diese Rohre lassen sich nur vor Ort verbinden, wofür ein provisorischer Reinraum nötig ist. Das bedeutet: Wandbeschichtung, Bodenbelag, Rostschutz – nichts darf ausgasen. Das IPA sucht die optimalen Baumaterialien aus. Vor allem aber darf innerhalb der Röhren kein Schmutz sein. Um die Sauberkeit zu kontrollieren, stellt das IPA das nötige Equipment bereit und analysiert die zurückgesandten Proben auf Partikel, auf organischen Schmutz und Gase. Nicht zuletzt schulen Keller und seine Kollegen die Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen, damit sie die Auflagen erfüllen können. Denn der Superlaser verzeiht keine Fehler. Wenn die Apparatur erst einmal steht, sind weitere Reinigungsarbeiten nicht mehr möglich. Die Röhren, durch die der Strahl läuft, bleiben hermetisch verschlossen.