Trotz Rollstuhl auf den Traktor zurück
Oft ziehen sich Soldaten aus Osteuropa in Kriegsgebieten wie Afghanistan oder Irak eine Querschnittslähmung zu. Die Wiedereingliederung in den Alltag ist schwierig. Studierende der Universität Stuttgart entwickeln mit dem Fraunhofer IPA, der International Society of Wheelchair Professionals und dem querschnittgelähmten Landmaschinentechniker André Beez eine Hebehilfe, die die Patienten in den Traktor befördert und sie bei der Reintegration unterstützt.
In Deutschland leben rund eine Million Menschen mit einer Querschnittslähmung. Die häufigsten Ursachen sind Verkehrsunfälle, Stürze oder Arbeitsunfälle. Die Patienten ziehen sich ihre Verletzung im Durchschnitt mit nur 23 Jahren zu. Rund die Hälfte ist arbeitsunfähig und erhält Rente. »Studien und Forschungsprojekte zeigen, dass ihre Reintegration ins Berufsleben Sinn macht«, informiert IPA-Abteilungsleiter Dr. Urs Schneider.
Was in Deutschland oft schon eine Herausforderung ist, gestaltet sich in osteuropäischen Ländern wie Georgien, Ukraine, Russland, Rumänien oder Polen als noch schwieriger. Hier fehlt meistens das Geld für eine professionelle Wiedereingliederung. Stattdessen bietet der heimische Hof Rückzug und Tätigkeit. Hier können Patienten aber nicht mitarbeiten, weil die nötigen Assistenzsysteme fehlen. »Es gibt keine funktionale und preiswerte Lösung, um wieder auf einen Traktor zu kommen«, kritisiert Schneider. Auch die International Society of Wheelchair Professionals, bei der Schneider im Beirat sitzt, hat den internationalen Bedarf für ein entsprechendes Hebesystem identifiziert.
Zusammen mit dem Masterstudiengang Medizintechnik der Universität Stuttgart bearbeitet Schneider jedes Jahr eine aktuelle Fragestellung. In einer viertägigen Blockveranstaltung von 20. bis 23. November beim Fraunhofer IPA in Stuttgart sollen die Studierenden eine funktionale und kostengünstige Hebehilfe konzipieren. Unterstützung erhalten sie von André Beez, Inhaber des Garten- und Landschaftsbauunternehmens Schlemmi’s aus Steinwiesen und Manuel Schnappauf, der mit Beez seit vielen Jahren befreundet ist. Der gelernte Landmaschinentechniker sitzt selbst im Rollstuhl und hat schon mehrere Assistenzsysteme für die Landwirtschaft gebaut. Damit sich die Studierenden ein Bild von der Ausgangsituation verschaffen können, standen ihnen am zweiten Veranstaltungstag ein Traktor und ein Rollstuhl in der Versuchshalle des IFF der Universität Stuttgart zur Verfügung. »Nach Projektende denken wir mit den Studierenden und André Beez darüber nach, das Konzept der Studierenden umzusetzen«, informiert Schneider.